Gestern Abend hatte ich meinen grossen Auftritt, auf den ich lange hingefiebert hatte: meine Präsentation über Bunterrichten an der Universität. Nachdem ich in einer Lehrveranstaltung immer wieder für viele andere Studierende nicht nachvollziehbare Aussagen getroffen und dem Lehrveranstaltungsleiter auf Anfrage meine Bachelor-Arbeit zukommen lassen hatte (der begeistert war), wurde ich vor einer Woche von ihm eingeladen, in der Lehrveranstaltung eine Präsentation über meine Ansichten zu Bildung zu halten, die gestern über die Bühne ging.
Das Säen ist des Farmer’s Lust
Meine anfängliche Nervosität legte sich nach einigen Minuten und wich unbändiger Freude. Da stand ich nun in dieser Lehrveranstaltung und sprach über meine Vorstellungen von Bildung, etwas, wovon ich lange geträumt hatte. Ich sprach nicht darüber, was irgendwelche anderen intelligenten Menschen gesagt oder geschrieben hatten (auch wenn ich einige, unter anderem Holloway, sehr wohl hervorhob). Ich sprach über meine Weltsicht, und es gab andere Menschen, die in jenem Moment mehr Interesse daran zu haben schienen als an der Weltsicht anderer hochkarätiger Pädagogen. In dieser knappen Stunde war ich einer von ihnen.
Ich hatte bereits Bedenken gehabt, wie Studenten, die ihr Leben lang nichts anderes gewohnt waren als das starre Schulsystem und ein ebenso relativ starres Uni-System, auf meine Vorstellungen reagieren würden. Würden sie sie als weltfremd abtun? Völlig auseinandernehmen? Oder, vermutlich schlimmer, es, ohne darüber gross nachzudenken, hinnehmen, wie es in Schulen und Universitäten sonst üblich war?
Reiche Ernte
Zu meiner Überraschung (und ebenso tiefen Befriedigung) entwickelten sich während und nach meiner Präsentation rege Diskussionen über die aufgeworfenen Fragen. Auch sie hatten sich augenscheinlich bereits ähnliche Fragen gestellt, und dieser Abend, dieses in-den-Raum-werfen einer alternativen Weltsicht schien der Katalysator für tiefere Diskussionen zu sein. Ja, es lief vieles schief, stimmten die meisten zu. Dies warf für viele nachvollziehbare bedenkliche Fragen auf.
Aber irgendwann waren sie an den Punkt gelangt, an dem die meisten kapitulierten: der Übermacht eines Systems, das unbezwingbar erschien. Meine letzte Powerpoint-Folie betraf dieses Thema: Wie verändert man eine Welt? Meiner Meinung nach nicht durch Systemkämpfe, sondern dadurch, ein System nicht mehr zu unterstützen und andere Wege zu leben. In der in der Folge ausbrechenden Debatte kamen verschiedene Ansichten von es-ist-sowieso-alles-sinnlos bis hin zu zu wir-schaffen-das die verschiedenste Antworten auf diese wichtigen Fragen auf.
Meine Intention war es nicht, absolute Antworten auf diese Fragen zu geben, sondern meine geschätzten Kollegen und Kolleginnen zu zeigen, dass unsere derzeitigen Antworten auf wichtige Fragen historisch gewachsen sind und daher auch jederzeit verändert werden können (siehe Paulo Freire), und zwar nicht nur durch politische Intervention, sondern auch oder sogar vor allem durch das Handeln eines jeden Einzelnen. Um aus den Reaktionen während und nach der Präsentation zu schliessen, scheine ich mein Ziel erreicht zu haben, so einige Menschen zum Nachdenken zu bringen. Welche Folgen dies noch haben wird, bleibt natürlich offen, aber ganz im Sinne des Bunterrichtens traue ich mir zu sagen, dass die Saat ausgeworfen wurde.
Welche Ernte sie bringen wird, wird sich zeigen.
Niklas