Odyssee eines Piraten

(Letztes Update von Niklas Baumgärtler am 26.5.2021)

Wer meine bisherigen Beiträge etwas verfolgt hat, wird mitbekommen haben, dass ich mich von unserem politischen System nicht sehr viele der aus meiner Sicht nötigen Veränderungen erhoffe und der Idee, über eine Partei an Macht und Einfluss zu gewinnen, um diese Welt zu verbessern, nicht sehr viel abgewinnen kann. Ich wähle im Regelfall ohne grosse Hoffnung auf Veränderungen, wähle eben das geringere Übel, aber ich wähle, weil es zwar für mich ein nur sehr ungenügendes Mittel der politischen Partizipation darstellt, aber nichtsdestotrotz eines ist. Dieses Mal jedoch wage ich etwas zu hoffen, weil mit der Piratenpartei eine Partei in die Schlacht ziehen will, die in ihren derzeitigen Grundausrichtungen mit vielen meiner Ansichten übereinstimmt.

Es wäre vermutlich unrealistisch, zu glauben, sie würden später auf dem Weg einer Partei wirklich etwas erreichen, zu viele andere idealistische Menschen (zuletzt wohl die Grünen) haben sich im Machtgefüge zerreiben lassen. Aber wenn ihr Aufkommen dafür sorgt, mehr Menschen dazu zu sensibilisieren, dass es eigentlich ein Unsinn ist, Menschen in eine politische, eine herrschende und gestaltende und eine unpolitische, gehorchende und gestaltete Kaste einzuteilen, dann haben sie für mich bereits viel erreicht. Die Idee der Mitbestimmung, die stark in ihrer Ideologie verankert ist, halte ich für eine sehr gute.

Nun ist es ja so, dass sich zu dieser Wahl überraschend viele kleine Neuparteien gegründet haben, manche vielversprechender (eben beispielsweise die Piraten), manche mit zumindest viel Geld (Stronach etwa) und manche eher skurrile Varianten (etwa die Monarchenpartei). Allen diesen Kleinparteien, die nicht im Parlament vertreten sind, müssen, um überhaupt auf dem Stimmzettel Platz zu finden, bis zum Ende einer Frist eine bestimmte Anzahl an Unterstützungserklärungen zusammenbringen, und da ich, wie weiter oben schon ausgeführt, einige Vorschläge der Piraten recht vernünftig finde, wollte ich ihnen eben den Gefallen tun. Ein Freund hatte zufällig einige ihrer Mitglieder in Linz kennengelernt und einige dieser Erklärungen zum Ausfüllen dabei, man musste nur zur Gemeinde, das Abstempeln lassen und ihnen schicken, warum also nicht?

Odyssee

Ich lief also fröhlich in ein Linzer Bürgerservice im Altenheim in meiner Nähe, das an jenem Tag statt um acht uhr um elf aufsperrte, wollte es schon lassen, weil ich einen Zug zu erwischen hatte, als eine nette junge Dame mir ausserhalb der regulären Öffnungszeiten aufmachte, mir aber dann erklärte, ich müsste zum Magistrat.

Im Magistrat angekommen erklärte man mir wiederum, ich müsste nach Stadl-Paura, weil mei Hauptwohnsitz zwar mittlerweile Linz war, aber bis zu einem Stichtag einige Wochen vorher eben Stadl-Paura gewesen war, würde ich dort hinfahren müssen. Leicht genervt fuhr ich eben nach Stadl-Paura, was jedoch von Linz aus mit dem Zug eine Weile dauert und natürlich kam ich erst nach Mittag dort an. Da mein Vater dort wohnt, bat ich ihn, abends bei ihm schlafen zu können, weil ich sonst für diese dämliche Unterschrift einen Weg von etwa vier Stunden auf mich zu nehmen hätte, der dankenswerterweise einwilligte.

Am Gemeindeamt wurde mir erst erklärt, ich müsse nach Linz gehen wenn ich doch in Linz wohne und was ich hier von ihnen wollte (in entsprechend nettem Tonfall), bis ich ihnen erklärte, dass mir in Linz erklärt wurde, ich müsse nach Stadl-Paura und zumindest einer von den beiden Mitarbeitern, dort oder hier, müsste nun unrecht haben (in ähnlich nettem Tonfall). Dann war es noch ein Problem, dass ich meine aktuelle Linzer Adresse angegeben hatte, weil ja für diesen Stichtag die alte Adresse galt, aber schlussendlich hatte ich meine Bestätigung der Gemeinde. Um dann beim Heimgehen festzustellen, dass der letzte Abgabetag anscheinend der 29. Juli sei. Danke, Bürokratie!

Angst vor Piraten, Herr Faymann?

Anscheinend haben meine lieben piratigen Freunde in Oberösterreich so oder so bereits genügend Erklärungen gesammelt, um antreten zu dürfen, aber mir geht es da ums Prinzip: Wem nützt es, wenn diese Prozedur so unglaublich aufwendig gemacht wird, dass sich kein Mensch, der nicht ein wenig verrückt (oder irgendwann grantig, so wie ich) im Kopf ist, das alles antut? Natürlich den etablierten Parteien. Genauso wie dir Regelung, dass scheinbar ein jeder nur eine neue Partei auf diese Weise behilflich sein kann.

Wie weiter oben bereits angeführt, ich halte nicht viel von unserem Parteienwahlrecht und unserer repräsentativen Demokratie, weil ich glaube, dass es andere, effektivere und gerechtere Formen einer partizipativen Demokratie geben kann, und ich hege nur sehr geringe Hoffnungen auf radikale Veränderungen zum Besseren durch dieses Parteiensystem, ich glaube, dass hier andere Wege wie Bewusstseinsbildung effektiver sein werden. Aber solange wir diesen (aus meiner Sicht) Zwischenschritt überwunden haben, wähle ich anstatt der gstopften, anstatt der Selbsterhalter diejenigen mit einem Traum, die sagen, Leute, wir haben keinen Plan, ihr seid unser Plan, ihr seid unser Traum, und wir finden, dieser Plan ist ein verdammt guter Plan, den wir da zusammen träumen und leben wollen.

Vielleicht der beste Plan, den eine Demokratie hervorbringen kann.

Niklas

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Niklas Baumgärtler

Niklas Baumgärtler interessiert sich für die Kunst der Begeisterung und macht gerne Wechsel- und Hebelwirkungen in Sozialen Systemen sicht- und erlebbar. Mehr über Niklas Baumgärtler...

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