Ich schreibe nun bereits sehr lange an diesem Blog, habe viele positive (und manch kritische) Rückmeldung bekommen. Ich habe hier die Erfahrungen einiger Jahre Nachhilfe, knapp zwei Monaten Schulbetrieb in einer Alternativschule, diverse alltägliche Beobachtungen und mehr versammelt. Mittlerweile ist alles ein wenig unübersichtlich geworden, und es wird Zeit, Ordnung hineinzubringen. Welchen Zweck soll dieser Blog in Zukunft erfüllen? Welchem Zweck will ich mein Leben in Zukunft widmen?
Anfänge
Einst bin ich ausgezogen mit dem Gedanken, in der österreichischen Bildungslandschaft so einiges aufzuwirbeln und zu verbessern. Ich wollte Lehrer werden, um es besser zu machen, und andere damit inspirieren, es ebenso besser zu machen und wieder andere zu inspirieren. Ich durfte viele wunderbare Menschen auf diesem Weg kennen lernen (vor allem das Auslandsjahr in Brasilien hat mir da Perspektiven eröffnet, von denen ich nie zu träumen gewagt hätte), und ich bin diesen Menschen sehr dankbar. Gleichzeitig muss ich jedoch auch anerkennen, dass zwischen meinen Träumen und der Realität ein sehr tiefes Loch klafft.
Ich habe wohl einige ganz besondere Fähigkeiten, die jedoch auch von ganz besonderen Schwächen begleitet werden, wobei eine dieser Schwächen ein nicht sehr ausgeprägtes Vertrauen in Autoritäten darstellt, eine andere beispielsweise, dass ich oft nicht den Weg des geringsten Widerstandes gehe, weil ich nicht bereit bin, meine Prinzipien zu verraten. Diese Kompromisslosigkeit bringt mich jedoch in eine Situation, in der ich kaum darauf hoffen kann, dass es irgendeinen Lehrerposten geben wird, in dem ich nicht anecken werde. Wie kann ich Lehrer sein, ohne meine Prinzipien zu verraten?
Schwierigkeiten
Seit einiger Zeit schon habe ich darüber gescherzt, dass ich mich eben selbstständig machen müsse, dann könnte ich meine Prinzipien umsetzen und meine Kunden könnten sie akzeptieren oder nicht. Aber als Lehrer? Das war wohl kaum umsetzbar, dachte ich. Bis es mir zu dumm wurde, mich selbst als jemanden ansehen zu müssen, der von etwas träumte, dass er nie umsetzte. Da gab es schon genug von dieser Sorte. Mein Problem war, dass ich niemanden kannte, der mir als Vorbild dienen könnte. Wie immer in solch einer Situation fing ich an, in meinem Kopf zu experimentieren. War es möglich, meine Ausgaben weiter zu senken? War es möglich, meine monatlichen Einnahmen zu steigern, ohne meine Prinzipien zu verraten, egal, ob es sich um pädagogische Arbeit handelte oder nicht?
Der Weg, der durchs Gehen entsteht
Am selben Tag wurde ich von der Schülerhilfe angerufen, bei der ich nun wieder genug Stunden halten kann, um meine Miete bezahlen zu können. Ein Zeichen. Möglicherweise lässt sich durch Straßenmusik das restliche Geld auftreiben? Es war Zeit, in Bewegung zu kommen, der Rest würde sich schon von selbst ergeben. Ich wollte schreiben und gelesen werden, egal, ob Geld dabei herausspringen würde oder nicht, also hängte ich gestern eine erste von zukünftig wöchentlich erscheinden Geschichten an einigen Haltestellen in Linz auf. In den nächsten Tagen möchte ich diverse Schulen anschreiben und anfragen, ob ich nicht dort beispielsweise Gitarrenstunden oder Workshops halten kann.
Vielleicht ist es nicht möglich, eine Arbeitsstelle oder selbstständige Arbeit zu finden, bei der ich meine gesamten Kosten decken kann und meine Prinzipien nicht verraten muss. Vielleicht ist es jedoch möglich, mehrere dieser Möglichkeiten zu finden, die gemeinsam meine monatlichen Kosten decken können.
Langfristig möchte ich jedoch am liebsten völlig wegkommen vom Modell Arbeit gegen Geld, weil ich Arbeit leisten will, die ich liebe, und diese Arbeit nicht davon abhängig machen möchte, ob ich dafür Geld bekomme. Ich will meine Geschichten nicht schreiben, weil ich Geld bekomme, sondern genug Geld zur Verfügung haben, weil es Menschen gibt, die meine Arbeit lieben und Geld (oder Essen, oder …), dass sie nicht brauchen, gerne dafür spenden, dass ich diese Arbeit weiter machen kann. Wie unwahrscheinlich es ist, all diese Ziele von Anfang an erfüllen zu können, ist mir bewusst. Aber es geht um die Richtung, darum, in Bewegung zu kommen und nicht nur im Traum zu träumen, während man selbst immer noch am selben Fleck steht wie vor zwanzig Jahren.
Ich weiß nicht, wie man das erreicht, was ich erreichen will, weil mir die Vorbilder in meinem Leben fehlen, aber dies bedeutet nicht, dass es unmöglich sein muss. Bis zum Sommer möchte ich es schaffen, meinen Lebensunterhalt weitgehend ortsunabhängig bestreiten zu können, damit ich dann, wenn ich beispielsweis in eine andere Stadt ziehe oder vereise, trotzdem weiterarbeiten kann. Was daraus wird, wird sich zeigen. Aber der erste Schritt ist immer die Entscheidung.
Und diese ist getroffen.
Niklas