Seit bald zwei Wochen bin ich nun wieder ohne eine feste Beschäftigung. Nach einigen Tagen, die ich gesundheitlich angeschlagen großteils in meinem Bett verbracht hatte, wurde es mir letzten Samstag zu blöd, mich auf meinen körperlichen Zustand herauszureden. Die Kündigung war zu erwarten gewesen, und es war kein Grund, sich wegen so etwas tagelang gehen zu lassen. Es war vermutlich gut, auch diese Seite einmal auszuleben, aber es war kein vertretbarer Dauerzustand – also musste ich etwas ändern. Ich aktualisierte also meinen Lebenslauf, suchte nach eventuellen Anstellungsmöglichkeiten, bewarb mich bei manchen. Bis ich irgendwann feststellte, dass sich ein Problem dadurch eigentlich nur verlagerte.
Wer eine feste Anstellung hat, gewinnt damit nicht nur sein monatliches Gehalt, oder in manchen Fällen das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. Er gewinnt, zumindest in vielen Anstellungen, auch einen legitimen Anlass, mit anderen Menschen zusammenzukommen, mit ihnen zu sprechen, mit ihnen zu interagieren. Einen Anlass, auf seinen Körper, seine Ernährung zu achten (immerhin wird dieser Körper ja in der Arbeit gesehen). Einen Anlass, morgens aus dem Bett zu kommen und die Wohnung zu verlassen. Selbst wenn jemand noch so viel über seine Arbeit schimpfen mag, eine jede Fixanstellung gibt neben vielen anderen Dingen auch ein ganzes Pack an Ritualen – und damit auch Sicherheit und auf eine gewisse Art und Weise auch Geborgenheit. Wenn ich um 9:00 an der Kassa vom Hofer stehen soll, dann weiß ich zumindest, dass ich dort gebraucht werde.
Den Tag in die Hand nehmen
Wenn ich dann großspurig jemanden erzähle, dass ich mir manchmal wünschte, ich könnte auf selbstständiger Basis arbeiten, so stimmt das auch. Aber die Erfahrungen der letzten Tage zeigen mir auch, dass es, um ein solches Arbeiten überhaupt zu ermöglichen, zuerst nötig ist, selbst für einige Rituale zu sorgen, die Struktur in meinen Alltag bringen, selbst wenn es keine von außen vorgegebenen Strukturen gibt. Ohne diese Strukturen kann es leicht passieren, dass ich aus Mangel an Verpflichtungen in ein alles-egal-Gefühl falle und meine Zeit mit relativ sinnfreien Dingen wie Computerspielen oder mit Keksen vollstopfen verplempere. Diejenigen, die es schaffen, selbstständig zu arbeiten, dürften gut darin sei, sich selbst solche Strukturen zu schaffen, denn Arbeiten müssen sie ja trotzdem.
Also schrieb ich mir einen allgemeinen Tagesplan mit einer Routine für jeden Tag, der sicherstellen soll, dass ich selbst ohne Aufgaben von außen am Abend eines jeden Tages das Gefühl habe, etwas Sinnvolles aus diesem Tag gemacht zu haben. Dieser Tagesplan enthält Aufgaben wie sportliche Betätigung, zumindest eine bewusst zubereitete Mahlzeit am Tag, etwas für mich zu tun (Gitarre zu spielen, zu zeichnen, zu lesen, …), meine Kontakte zu pflegen und etwas zu tun, das tatsächlich direkt oder indirekt für ein Einkommen sorgen könnte. Den Geldaspekt vergessen Freigeister wie ich ganz gerne oder reden ihn klein, aber unter ein monatliches Minimum zu kommen, mit dem ich meine Miete oder mein Essen zahlen kann, stelle ich mir dann doch auf Dauer unlustig vor.
Am Tag darauf war meine Erkältung auskuriert, und ich habe meinen Tagesplan zumindest diese Woche durchgehalten. Durch den vielen Sport und die bewusst zubereiteten Mahlzeiten war ich jeweils so gesättigt, dass ich kaum mehr Süßigkeiten in mich hineinstopfen konnte oder wollte, und ganz allgemein fühle ich mich physisch wie psychisch viel fitter als vor einer Woche. Vielleicht brauche ich den Tagesplan in einem Monat gar nicht mehr, weil er mir ohnehin bereits zum Ritual geworden ist. Auf jeden Fall sorgt er dafür, dass ich mich auch ohne Anstellung gerade nicht unbedingt unwohl fühle, auch wenn ich mich dann doch über einige Stunden in der Woche freuen würde, in denen ich einer festen Anstellung nachgehen kann. Aber die Ausgangsbasis ist eine andere.
Ich sehe ein Licht
Vor einigen Tagen habe ich unlängst gescherzt, ich sollte vielleicht eine Art von Schriftsteller werden, weil mir das Schreiben derart Freude bereitet. Gestern las ich dann beim Frühstück die oberösterreichischen Nachrichten und entdeckte, dass tatsächlich ein Text von mir (eine leicht abgeänderte, gekürzte Form dieses Artikels) über den Leondiger Sprichcode-Wettbewerb in einer Beilage abgedruckt worden war. Ich nehme dies als ein ermunterndes Zeichen, meinen seltsamen, aber doch interessanten und lehrreichen Weg weiterzugehen. Auch wenn ich sicher vieles falsch mache, zumindest einiges von dem, was ich tue, scheint auch sehr richtig und wertvoll zu sein. Möglicherweise auch mein Tagesplan – vielleicht wollen die Wunsch-Selbstständigen unter euch ja auch einen schreiben und mir erzählen, wie es euch damit gegangen ist.
Niklas