Das kleine und das grosse Schaf

(Letztes Update von Niklas Baumgärtler am 26.5.2021)

Diese Geschichte hatte ich einst für eine Schulstunde über Muttertagsgedichte in der Schulpraxis geschrieben. Die Kinder liebten sie, und auch einige meienr Kollegen haben sie bereits mit grossem Erflg verwendet. Vorgetragen habe ich sie mit Hilfe kleiner Figuren. Die jeweiligen Gedichte sind nach Belieben austauschbar, habe sie aber zum besseren Verständnis wie im Original belassen. Ihr findet sie alle im Internet.

Das große Schaf ist die Mama vom kleinen Schaf. Zusammen gehen sie immer auf die Weide und fressen gemeinsam Gras. Manchmal spielen sie auch Schaf-verstecken. Das ist ganz ähnlich wie das Verstecken-Spiel, das die Menschen-Kinder oft spielen. Aber wenn sich ein Schaf in einer ganzen Herde Schafe versteckt, dann ist es gar nicht so leicht zu finden. Aber das große Schaf ist die Mama vom kleinen Schaf, und es hat das kleine Schaf sehr lieb. Auch wenn das kleine Schaf noch so gut versteckt ist, findet es das große Schaf immer. Mama-Schafe spüren nämlich, wo ihre kleinen Schafe sind, weil sie sie so gerne haben. Und spätestens, wenn die Sonne langsam untergeht und es dunkel wird, kommt das kleine Schaf von selbst ganz müde herangetapst und kuschelt sich in die weiche Wolle vom großen Schaf. Dann schläft es ganz beruhigt ein, weil es beim Mama-Schaf so gemütlich ist.

Jetzt hat das kleine Schaf neulich gehört, dass bald ein besonderer Tag für das große Schaf ist: Schaf-Mama-Tag. Da sind alle kleinen Schafe besonders nett zu den Mama-Schafen und bringen meistens sogar etwas mit, zum Beispiel ein besonders saftiges Stück Gras. Aber die anderen kleinen Schafe haben schon die ganze Weide abgegrast und es kann, weil es noch ein ganz kleines Schaf ist, noch nicht so weit laufen, dass es noch ein besonderes Gras findet.

Aber dann hat es eine Idee: es wird ein Gedicht lernen und dem Mama-Schaf sagen. Dann wird sich das Mama-Schaf besonders freuen! Aber wer kennt ein Gedicht?
Das kleine Schaf macht sich auf den Weg, um ein Gedicht zu suchen. Es trifft einen kleinen Jungen am Zaunrand. Der erzählt ihm ein Gedicht:

Von allen Müttern auf der Welt
ist keine, die mir so gefällt
wie meine Mutter, wenn sie lacht
und wenn sie mir die Tür aufmacht.
Auch wenn sie aus dem Fenster winkt
und mit mir radelt, mit mir singt,
wenn sie auf meinem Bettrand sitzt,
solang es donnert oder blitzt,
und wenn sie sich mit mir versöhnt,
bei einer Krankheit mich verwöhnt –
ja, was sie überhaupt auch tut,
ich mag sie immer, bin ihr gut.
Und hin und wieder wundert’s mich,
dass wir uns fanden – sie und ich.

Außerdem erklärt er dem Schaf auch, dass es beim Vortragen auf einige Dinge achten sollte (Betonung, Deutlichkeit, Geschwindigkeit, Pausen). Aber das Gedicht ist sehr lang und das Schaf ist noch sehr klein, es ist schwer zu merken. Also sucht das Schaf weiter.

Es trifft eine Henne. Die Henne erzählt ihm auch ein Gedicht:

Meine liebe Mutti du,
ich will dir etwas schenken.
Was ich dir sagen will dazu,
das kannst du dir schon denken:
Ich wünsch dir Glück
und Fröhlichkeit,
die Sonne soll dir lachen!
So gut ich kann und allezeit
will ich dir Freude machen.

Das ist ein schönes Gedicht! Aber das kleine Schaf ist noch nicht zufrieden und sucht noch weiter.

Die Sonne scheint sehr heiß. Da kommt dem Schaf eine Idee: die Sonne scheint sicher oft, wenn andere Schafkinder ihren Schaf-Mamas Gedichte erzählen, vielleicht hat ja die Sonne von einem schönen Gedicht gehört? Die Sonne sagt ihm auch ein Gedicht:

Jeder Strahl hat eine Sonne,
jede Sonne einen Strahl,
und wir wünschen unserer Mutti
Sonnenstrahlen ohne Zahl.

Jeder Stern hat einen Himmel,
jeder Himmel einen Stern,
und wir haben unsre Mutti
über alle Sterne gern.

Jede Katze hat ein Kätzchen,
und das Kätzchen sagt „Miau“!
meine Mutti ist die Beste,
und das weiß ich ganz genau!“

Es ist schön, aber das Schaf kann es sich auch nicht so richtig merken.

Dann trifft es einen kleine Kuh, die ganz stolz ist, weil es schon ein Kuh-Mama-Tags-Gedicht auswendig kann. Ganz stolz trägt sie es vor:

Bring Blumen getragen,
kann noch nicht viel sagen,
lieb´ Mütterchen mein,
du weißt´s ja allein.
Doch küss ich dich,
herzlich und froh,
nicht wahr:
du verstehst mich auch so!

Aber das arme kleine Schaf hat sich keines der Gedichte ganz merken können! Da trifft es einen Hasen und bittet ihn um Rat. Der hat auch noch ein Gedicht für unser Schaf.

Weil Du die beste Mutter bist,
schenk‘ ich Dir Schokolade.
Und wenn Du sie alleine isst,
dann finde ich es schade!

Hmm, das ist mal ein kurzes Gedicht! Aber das große Schaf mag Schokolade gar nicht so gerne.

Das kleine Schaf überlegt lange, dann hat es einen Einfall: es wird dem großen Schaf einfach sagen, wie lieb es das große Mama-Schaf hat! Das ist das schönste Gedicht!, denkt sich das kleine Schaf und läuft schnell zum großen Mama-Schaf.

Was soll ich dir sagen?
Ein langes Gedicht?
ICH HAB DICH LIEB!
Mehr weiß ich nicht!

Das große Mama-Schaf freut sich sehr über dieses schöne Gedicht und das kleine Schaf freut sich, dass sich das große Schaf freut. Sie spielen noch ein wenig miteinander und dann kuschelt sich das kleine Schaf in die weiche Wolle vom großen Schaf. „Ich hab dich auch lieb!“, sagt das große Schaf zum kleinen Schaf. Aber das kleine Schaf hört es schon gar nicht mehr. Es ist schon längst eingeschlafen und träumt einen wunderschönen Schaf-Traum.

Portrait Niklas Baumgärtler

Niklas Baumgärtler

Niklas Baumgärtler interessiert sich für die Kunst der Begeisterung und macht gerne Wechsel- und Hebelwirkungen in Sozialen Systemen sicht- und erlebbar. Mehr über Niklas Baumgärtler...

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