Wie vielleicht einige von euch wissen, bin ich derzeit auf der Suche nach einer Anstellung und habe entsprechend meinen Lebenslauf etwas aktualisiert. Nachdem in Gesprächen und schriftlichen Rückmeldungen des Öfteren die Qualität des Lebenslaufes positiv hervorgehoben wurde, dachte ich mir, ich gebe hier an dieser Stelle ein paar Ideen, die euch vielleicht beim Schreiben eures eigenen nützlich sein könnten. Meinen eigenen könnt ihr euch hier als .pdf herunterladen herunterladen.
1. Warum dein Bewerbungsschreiben ein Ausschlusskriterium für dich sein kann
Ein Personalverantwortlicher erhält 100 Bewerbungen per Email für einen Posten. In jedem Mail finden sich einige Floskeln, die ihn motivieren sollen, die Bewerbung (ein eigenes Dokument) zu lesen, in dem neben den üblichen Floskeln die Bitte steht, denjenigen doch auszuwählen. Erspart dem armen Mann doch zumindest ein Stück Arbeit und kommt gleich in der Mail zur Sache. Die Chance, dass euer Anliegen auch gelesen wird, erhöht sich um ein Vielfaches.
Vielleicht gilt dies noch stärker in Sozialberufen, aber ich halte viel von radikaler Ehrlichkeit. In der Schule wurde mir gesagt, man solle, selbst wenn man 30 Unternehmen anschreibt, jede Bewerbung so individualisieren, dass es nicht auffällt. Wenn ich tatsächlich in einem bestimmten Unternehmen arbeiten will, kann man das auch so schreiben, aber wenn ich auch bereit bin, in vielen ähnlichen Institutionen zu arbeiten, werde ich das auch so schreiben, mit der Bitte, mich an andere, die Bedarf haben könnten, weiterzuleiten.
2. Du bist nicht alleine
Versetzt euch in denjenigen, der eure Bewerbung (und oft hunderte andere) zu lesen hat. Kein Mensch freut sich über die Aufgabe, hundert Lebensläufe mit dem exakt gleichen Aufbau und der exakt gleichen Schrift zu lesen. Mir wurde in der Schule eingebläut, mich ja an die üblichen Vorgaben zu halten. Heute halte ich es für völligen Schwachsinn. Seth Godin drückt es gut aus, wenn er meint, er hole sich keine verlässlichen Mitarbeiter sondern Mitarbeiter, die ihn überraschen, die er nicht mit anderen verlässlichen ersetzen kann.
3. Fokus
Der Personalleiter hat also eure Email gelesen und öffnet den Lebenslauf. In den nächsten Sekunden wird er sich entscheiden, ob er ihn gründlich durchgeht oder irgendwo ablegt und potentiell vergisst. Diese Sekunden gilt es zu nutzen, um sein Interesse zu wecken. Ihn interessiert nicht, in welcher Stadt ihr geboren oder welche Schule ihr besucht habt, sondern was euch interessant macht. In meinem Lebenslauf habe ich zum Beispiel einige Highlights neben dem unüblich grossen Bild platziert, weil ein Bild die Aufmerksamkeit auf den entsprechenden Bereich zieht. Vermutlich wird jemand, der entscheidet, ob er einen Lebenslauf durchliest, diesen kaum lesen, wenn er mehr als 2 bis maximal 3 Seiten umfasst, also bleibt kurz, klar und knackig.
4. Was macht dich einzigartig?
Du bist einer von zehn Bewerbern, deren Lebenslauf tatsächlich von vorne bis hinten durchgelesen wird. Vielleicht bist du einer von zehn Bewerbern, die die selbe Schule und offizielle Bildungslaufbahn hinter sich haben. Deine Bildungswege sind bis zu einem gewissen Grad wichtig, weil sie dich auf ein Grundlevel im Vergleich zu anderen bringen, aber sie heben dich nicht von ihnen ab. Beschreibe persönliche Erfahrungen, die nur wenige andere Menschen haben können, und beschreibe, welche Entwicklung als Mensch du damit durchgemacht hast. Es freut einen Personalleiter, wenn du in deiner Freizeit gerne Gitarre spielst. Es kann zum ausschlaggebenden Faktor werden, wenn du ihm erklärst, dass du regelmässig öffentliche Auftritte hast und damit gewohnt bist, vor Menschenmengen Leistung zu bringen.
5. Deine Zukunft
Es ist ein Bruch mit Normen, aber er scheint zu funktionieren: persönliche berufliche Zukunftspläne in einen Lebenslauf hinzuzugeben. Es vervollständigt das Bild eines Menschen, wenn neben der Geschichte und dem Jetzt auch ein Ausblick in seine Hoffnungen und Träume zu finden sind. Denkt nur an eure Freunde, Menschen, die ihr gerne habt. Es wäre seltsam, gar nichts über ihre Zukunftshoffnungen zu erfahren, oder?
6. Habt etwas zu erzählen – und seid ehrlich
Das schönste Lebenslauf-Design hilft euch nichts, wenn es nichts zu erzählen gibt, also sorgt dafür, dass euer Leben so interessant wie möglich ist. Ganz egal, ob diese interessanten Erfahrungen beruflicher oder privater Natur sind – lebt! Mein eigener Lebenslauf ist voll von Erzählungen darüber, welche kleineren und grösseren Projekte ich angegangen bin und wie diese verlaufen sind. Es sind kleine Geschichten, die ein besseres, menschlicheres Bild von einer Person zeichnen können als eine Ansammlung von Daten. Wer mich kontaktiert, will mich, den Menschen, nicht den Programmierer, Soziologen oder Pädagogen.
Ich glaube daran, dass Ehrlichkeit langfristig siegt. Wer in seinem Lebenslauf Dinge anführt, die er dann bei einem Bewerbungsgespräch nicht halten kann, wird kein gutes Bild hinterlassen. Wer sich traut, sich nicht hinter den üblichen Floskeln zu verstecken, der wird zunehmend als Mensch wahrgenommen, mit der Folge, weniger neutral aufgefasst zu werden. Entweder positiv oder negativ, aber bei negativen Reaktionen stellt sich die Frage, ob dann nicht ohnehin spätestens bei einem Bewerbungsgespräch ein „Nein“ gekommen wäre.
Zusammenfassend lässt sich wohl anführen, dass es ein übliches Verfahren gibt, an das sich viele halten und von dem ich euch abrate, weil es bedeutet, sich hinter diesem „Objektivierungsverfahren“ zu verstecken. Sich als Mensch zu präsentieren zeugt von Selbstbewusstsein und der Fähigkeit, mit einem Nein umzugehen, das fast unweigerlich als Reaktion auch einst auf auch warten wird. Aber auch die positiven Reaktionen werden meiner Erfahrung nach herzlicher, wenn eine Kommunikation von vornherein auf einer menschlicheren Ebene stattfindet.
Ich hoffe, ihr konntet den einen oder anderen Punkt daraus mitnehmen und wünsche euch viel Erfolg für eure Ambitionen!
Niklas